Lehrgerüstbauer
Der legendäre Zimmermeister und Holzkonstrukteur Richard Coray sen. (1869–1946) hat die Kunst des Lehrgerüstbaus stetig weiterentwickelt und damit einen wichtigen Beitrag zum modernen Brückenbau geleistet. Nach seinen Jugendjahren in Trin GR, einer Zimmermannslehre und zeitweiligen Beschäftigung als Schreiner absolvierte er ein Studium am Technikum Winterthur, das er 1892 abschloss.
Der Abtransport von Windwurfholz mit kühnen Transportseilbahnen wurde weit herum beachtet und begründete seinen Ruf als unerschrockenen und mutigen Unternehmer. Bald folgten die ersten grossen Lehrgerüste für den Bau der RhB-Brücken in Solis und Wiesen. Der eigene Entwurf des fächerförmigen Lehrgerüsts für den Eisenbahnviadukt bei Langwies machte ihn international bekannt. Reisen führten ihn nach Kroatien, Korsika und in die Türkei, wo er für den Bau der Bagdadbahn Lehrgerüste errichtete. Sein Lebenswerk ist durch vielfältige Arbeiten gekennzeichnet; so baute er u. a. eine Werkbahn für das Elektrizitätswerk Trin, eine Holzbrücke im Unterengadin und sicherte den Schiefen Turm in St. Moritz. Herausragend war jedoch die Entwicklung seines eigenen Systems Coray, mit dem riesige Holzkonstruktionen in der Westschweiz und seine bedeutendsten Spätwerke, die Lehrgerüste für die Salginatobelbrücke, den Pont de Gueuroz über die Trientschlucht im Wallis und die Tarabrücke in Montenegro, realisiert wurden.
Für die Überquerungen des tief eingeschnittenen Salginatobels hatte Richard Coray bereits 1918 ein Projekt für eine Drahtseilhängebrücke ausgearbeitet, das jedoch nicht verwirklicht wurde. Elf Jahre später errichtete er seine wohl bekannteste Holzkonstruktion zum Bau der weltberühmten Brücke. Längst ist das Lehrgerüst verschwunden – als «Kunstwerk auf Zeit» lässt es sich heute aber in eindrücklichen Modellen und auf grossartigen Fotografien bewundern.